Unsere erste Nacht im Dschungel war zwar erholsam, aber viel zu kurz. Doch wir hatten keine andere Wahl, als um kurz vor sechs Uhr mit der Sonne aufzustehen. Der Morgen lief immer gleich ab. Damit unsere Atemwege frei werden, reinigten wir unsere Nasen mit einer Nasenspülkanne. Dann schwitzen wir zwei Stunden beim Vinyasa-Yoga in der Shala, unserer großen Yoga-Hütte aus Holz, die komplett verglaste Wände hatte. So konnten wir den Regelwald am frühen Morgen nicht nur hören, sondern auch sehen.

Das anschließende Frühstück war jedes Mal eine Belohnung für die Einheit. Mal gab es Avocado-Toast mit Fruchtsalat, mal Porridge, mal Kochbananen mit Gemüse und eine Smoothie-Bowl. An mehreren Tagen praktizierten wir einen „Silent Morning“. Bis nach dem Frühstück sollte Stille herrschen. Man sollte von Unterhaltungen und von Handynutzung absehen, um ganz bei seinen eigenen Gedanken sein zu können. Das habe ich jedes Mal sehr genossen.

Direkt nach der kurzen Verschnaufpause ging es meist mit Unterricht weiter. Wir sprachen über die Energiezentren im Körper (Chakren) und sangen Mantras. An anderen Tag bekamen wir einen Einblick in die Yoga-Philosophie, Ayurveda oder diskutieren über Karma. Besonders im Gedächtnis blieb mir eine Stunde, in der wir am intuitiven Bewegen arbeiteten. Was mit Koordinationsübungen begann, endete mit wildem, ekstatischen Tanzen. Die Zeit am Vormittag ging wie im Flug vorüber.

Die Nachmittage hingegen konnten sich auch mal ziehen, wenn mein Energielevel zu niedrig war. Das war am ersten Tag definitiv der Fall. Trotzdem hörte ich jedes Mal gespannt zu, als unsere Lehrerin Karolina uns die einzelnen Muskeln des menschlichen Körpers und wie sie in den Yogaposen zusammenspielen, erklärte. Dazu gab sie uns jede Stunde ein paar Übungen an die Hand. Zuletzt standen immer eine Meditation und eine ruhigere Yoga-Einheit an.

Wenn ich über das Meditieren eines gelernt habe, dann dass es die unterschiedlichsten Formen annehmen kann. Einmal saßen wir im Kreis und haben mit einer Mala-Kette meditiert. Diese hat 108 Perlen. Während man jede einzeln durch die Finger gleiten lässt, wiederholt man 108 mal ein Mantra. An einem anderen Tag hingegen hat uns Yogalehrerein Danni aus Dublin einen irischen Volkstanz als Meditation mitgebracht, bei dem wir uns alle ordentlich verausgaben und am nächsten Tag Muskelkater in den Waden spürten.

Am ersten Tag konnte ich während der letzten Yoga-Einheit kaum abschalten, weil meine gefühlten 500 Moskito-Stiche nicht aufhören wollten, zu jucken. Einmal an den ständigen Juckreiz gewähnt, war diese Stunde aber immer eine Wohltat. Bis zum Abendessen knurrte mein Magen meist schon wieder ordentlich. Unser erwartete immer wieder ein Festmahl. Empanadas mit Kochbananen-Füllung, Tofu-Frikadellen auf Rote Beete-Kartoffel-Salat oder Quinoa mit Gemüse, um nur ein paar der leckeren Mahlzeiten aufzuzählen.

Danach duften wir entweder direkt ins Bett oder es stand eine letzte, kurze Unterrichtseinheit auf dem Programm. Diese waren aber meist ziemlich angenehm und beruhigend. Zum Beispiel massierten wir uns die Füße mit selbstgemachtem Ayurdveda-Öl. An diesem Abend mussten meine Cousine und ich die Shala putzen. Diese Aufgabe fiel jeden Tag einem anderen Duo zu. Wir versüßten uns das Fegen und Wischen mit lauter Musik und ein paar Tanz-Einheiten.