Yogalehrerausbildung in Peru – die wichtigsten Fragen und Antworten

Rund 20 Frauen sitzen um ein loderndes Lagerfeuer. In ihren Gesichtern zeichnen sich alle möglichen Emotionen von Vorfreude und Begeisterung über Ehrfurcht bis hin zu leichter Nervosität ab. Meine Cousine und ich sind vor ein paar Sekunden angekommen und müssen erst einmal verschnaufen. Nach unserer 50-stündigen Reise nach Peru, die mit mehreren Hindernissen verbunden war, landeten wir vor drei Stunden am Flughafen Tarapoto, wo wir bereits eine Handvolle weitere Teilnehmer der Yogalehrer-Ausbildung getroffen haben. Zwei Taxen holten uns ab und fuhren uns raus aus der Zivilisation hinein in den Dschungel.

View of the Peruvian rainforest

Die Landstraße schlängelte sich entlang grün bewachsener Berge, dichter Wälder und reißender Flüsse. Begeistert klebte mein Blick an der Fensterscheibe, bis die Dunkelheit über die Landschaft hereinbrach. Bei der Ankunft konnten wir nur kurz unsere Zimmer im Hotel, der Kantu Garden Lodge, beziehen, da die Eröffnungszeremonie am Feuer kurz bevorstand. Dort treffen wir zum ersten Mal auf die anderen Teilnehmerinnen und die Lehrerinnen, mit denen wir in den kommenden beiden Wochen zu einer großen Familie zusammenwachsen sollten. Um uns zirpen die Grillen, das Holz in den Flammen knistert, dann singen wir plötzliche alle zusammen und eine Gänsehaut zieht sich über meinen Körper.

Opening ceremony of the Yoga teacher training

Warum eine Yogalehrerausbildung?
Ich praktizierte seit gut drei Jahren regelmäßig Yoga. Seit anderthalb Jahren beschäftige ich mich intensiver damit und wollte schon lange noch tiefer in die Materie eintauchen und mehr über die verschiedenen Aspekte und Teildisziplinen des Yoga lernen. Statt einem Retreat, auf dem man eher nur Yoga praktiziert, entschied ich mich also für die Ausbildung. Von vorneherein war für mich auch klar, dass ich das Ganze mit einer Reise verbinden wollte. Um komplett vom Alltag abschalten und in die Yoga-Welt eintauchen zu können. Meine Motivation war also hauptsächlich Neugier und meine eigene Beziehung zum Yoga zu vertiefen. Ob ich in Zukunft tatsächlich unterrichten werden, wird sich zeigen.

Myself in a crow pose

Für wen eignet sich eine Yogalehrerausbildung?
Die Teilnehmerinnen sind aus den unterschiedlichsten Gründen angereist. Einige wollten, wie ich, die eigene Praxis vertiefen, andere direkt im Anschluss unterrichten. Yoga ist Trend, das Angebot an Ausbildungen kann einen förmlich erschlagen. Man sollte sich vorher gut informieren über die Schule, die Kursinhalte und den Tagesablauf. In jedem Fall sollte man bereits Erfahrungen mit Yoga gemacht haben. Man muss keinesfalls ein umfassendes Wissen haben oder sich extrem verbiegen können. Allerdings sollte man auch kein blutiger Anfänger sein. Eine regelmäßige Yogapraxis und ein solides Grundwissen über die wesentlichen Posen sollte man meiner Meinung nach aber mitbringen. Außerdem sollte man unbedingt körperlich fit sein. Jeder Tag startete mit einer zweistündigen Yoga-Einheit und auch die übrigen Tagespunkte sind vollgepackt mit Bewegung.

Vinyasa Yoga in the early morning

Was beinhaltet die Yogalehrerausbildung?
Unser Kurs waren 200 Stunden integrales Vinyasa-, Yin-, und Karma-Yoga Training, sowie 20 Stunden Ayurdveda-Grundlagen. Einmal gebucht, erhielten wir Zugang zur Online-Plattform von Mosksha Yoga Amazonica. Dort gibt es einen vorbereitenden Online-Lernkurs über zwölf Lektionen und jede Menge interessante Literatur. Die Inhalte sind sehr vielfältig und reichen von Anatomie und Physiologie über Philosophie und Yoga-Geschichte bis hin zu Meditation und Atemübungen (Pranayama), um nur ein paar Punkte aufzuzählen. Das gilt auch für die Praxis-Phase in Peru. Kein Tag auf dem zweiwöchigen „Stundenplan“ gleicht dem anderen, das Programm ist genauso bunt wie der Regenwald.

All participants seated outside in a meditation circle

Was kostet eine Yogalehrerausbildung?
Der finale Preis richtet sich danach, ob man ein Einzelzimmer (2.700 Euro) oder ein Zweibett-Zimmer (2.400 Euro) bucht. Meine Cousine und ich haben uns einen Raum geteilt. Neben dem Kurs und dem Zugang zur Online-Plattform beinhaltet der Preis die Abholung am Flughafen, die Übernachtungen in der wunderschönen Kantu Garden Lodge, das Essen (drei köstliche, kreative Gerichte pro Tag), einige Willkommensgeschenke wie eine Yogamatte und ein Tank-Top und ein paar Exkursionen (zum Beispiel eine Kanu-Fahrt auf dem Amazonas oder der Besuch bei einem Frauenstamm) – und natürlich das abschließende Zertifikat, mit dem man sich bei Yoga Alliance, der größten Yoga-Organisation der Welt, registrieren kann.

One of the dishes served at Kantu Garden Lodge

Was sind die Voraussetzungen, um das Zertifikat zu erhalten?
Neben dem Online-Kurs sind während der zwei Wochen in Peru vollständige Anwesenheit bei jedem Programmpunkt Pflicht. Zudem muss jeder Teilnehmer am Ende eine eigene Yoga-Stunde von 45 Minuten leiten.

Wie läuft der Tag in Peru ab?
Das Programm startet zum Sonnenaufgang um 05:45. Es stehen zuerst eine Reinigungsroutine (Nasenspülung) und anschließend zwei Stunden, meist ziemlich schweißtreibendes Yoga, auf dem Plan. Frühstück gibt es ab acht. Der restliche Tag ist eine Mischung aus Unterrichtsstunden, die alle sehr interaktiv gestaltet sind. Es gibt vielen Diskussionen, Meditationen, körperlichen Trainingseinheiten und kurzen Übungen, bei denen man selbst anleitet oder präsentiert.

Yoga lecture


Beispiel-Tag:
05:45-08:00: Shatkarma (Reinigungsritual), Vinyasa-Yoga
08:00-9:00: Frühstück
09:00-10:30: Unterrichtsstunde (Philosophie, Ayurveda, Geschichte, etc)
10:30-12:30: Bewegungungsübung (intuitives und ekstatisches Tanzen)
12:30-13:30: Mittagessen
15:30-17:30: Asana Clinic (detaillierte Analyse der einzelnen Yoga-Posen)
17:45-19:00: Meditation, Asana Practice (meist eine ruhigere Yoga-Einheit)
19:00-20:00: Abendessen
20:00-21:00: Ayurveda-Routine (Selbst-Massage mit Ayurdva-Öl)

Man sieht also, dass der Stundenplan ziemlich vollgepackt ist und neben körperlicher Fitness auch geistige Konzentration abverlangt. Allerdings handelt es sich um spannende Inhalte, die mich alle sehr interessiert haben und über die ich ohnehin mehr erfahren wollte. Deshalb fiel mit das Zuhören und Mitarbeiten leicht. Außerdem ist der Unterricht, wie schon erwähnt, sehr interaktiv und abwechslungsreich.

Restaurant of Kantu Garden Lodge

Wie gestaltet sich das Miteinander?
Man sollte sich im Klaren darüber sein, dass man während der zwei Wochen sehr selten Pausen hat.  Meist hat man nur nach dem Mittagessen zwei bis drei Stunden frei. Die kann man nutzen, um das lebhafte Dörfchen Moyobamba außerhalb der Kantu Garden Lodge zu erkunden, in den Pool zu springen oder einfach mal durchzuatmen und zu reflektieren. Ansonsten ist man eigentlich immer von den anderen Teilnehmern umgeben. Diese waren aber allesamt großartige Frauen, mit denen ich mich klasse verstanden habe.

Partner Yoga

Gleich zu Beginn haben die Yogalehrerinnen den Satya-Kreis eingeführt. Ein Ritual, bei dem eine Frage im Kreis umhergeht und die jeder ganz ehrlich beantworten soll. Und das taten wir auch. Oft kamen dabei heftige Emotionen hoch und es wurden einige Tränen vergossen. Dadurch lernten wir uns alle schnell kennen und hatten bald eine tiefe Verbindung zueinander, die wir mit Gesprächen beim Abendessen oder lustigen Erinnerungen auf den Ausflügen vertieften. Am Ende der zwei Wochen fühlte es sich an, als müsse man sich von seiner Familie verabschieden.

Excursion on the the Amazon river

Wie ist die Betreuung auf der Ausbildung?
Mit einem Wort: Exzellent! Die vier Lehrerinnen, die genauso Teil unseres Kreises, unserer Familie, waren, haben uns vom ersten Tag an zu verstehen gegeben, dass sie immer ein offenes Ohren für uns haben. In den ersten beiden Tagen hatte jeder Teilnehmer ein kurzes Einzelgespräch mit einer der vier Frauen. Und auch während des Unterrichtes, beim Essen oder auf den Ausflügen konnte man sie mit Fragen bombardieren oder einfach nur locker plaudern. Sie kümmerten sich um jeden Einzelnen von uns und standen uns stets mit Rat und Tat – oder auch aufmunternden Witzen – zur Seite.

A Yoga teacher adjusting a student

Sherli Castro, die gemeinsam mit Vincent Roy Moksha Yoga Amazonica und die Kantu Garden Lodge gegründet und aufgebaut hat, plante und organisierte unseren gesamten Aufenthalt. Wie eine gute Fee macht sie alle unsere Wünsche möglich. Seien es verrückte Sonderwünsche am Esstisch, Corona-Tests für die Abreise oder die Taxifahrten. Am letzten Tag standen wir mal wieder vor einem Problem, da wir unsere Abflugzeit falsch angegeben haben und viel zu spät bemerkten, dass unser Flug um 18 statt um 22 Uhr ging. Sherli bemüht sich, unser bereits gebuchtes Taxi umzubuchen, doch konnte niemanden erreichen. Kurzerhand fuhr sie uns selbst in die Stadt, um uns ein neues Taxi klarzumachen. Dank ihrer Mühe erreichten wir den Flughafen noch rechtzeitig zum Boarding. Eine absolut herzliche Geste!

Yoga students in child's pose

Mein Fazit
Bei der Hinreise war ich voll kribbeliger Vorfreude, aber auch sehr nervös. Meine Sorgen vor der Herausforderung erwiesen sich aber als unbegründet. Ich genoss jeden einzelnen Tag. Sowohl das körperliche Training als auch den Unterricht und das Miteinander. Die Ausflüge nach Moyobamba und in die Natur setzten dem Ganzen die Krone auf. Ich habe jede Menge lernen können, sowohl über Yoga als auch über das Leben und mich selbst. Eine unbeschreibliche Gesamt-Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Eventuell halte ich bereits auf Augen offen nach der nächsten Ausbildung…

Laura

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