Mittlerweile war es für mich fast schon eine Tradition in Rumänien geworden, den Tag mit Covrig und Zakusca, einer köstlichen Paste aus Auberginen und Paprika, zu starten. Nach dem Frühstück machte ich mich auf zum Bahnhof, um Sibiu zu verlassen. Dort angekommen setzte ich mich in die Bahn, die bereits auf dem Gleis bereitstand. Dieses Mal würde ich den Zug also nicht verpassen, wie kurz vorher in Brasov. Trotzdem bekam ich wenig später einen gewaltigen Schrecken, als der Schaffner draußen an den Waggons entlanglief und mit einem lauten Fausthieb gegen jedes Fenster klopfte. Er bedeutete allen Passagieren, auszusteigen.

Nachdem ich dann kurz in einer Menge verwirrter Menschen auf dem Gleis stand, fuhr ein anderer, weitaus modernerer Zug ein, in den wir wieder einsteigen konnten. Schneller als die alten, klapprigeren Modelle war das Gefährt trotzdem nicht. Ich lehnte mich entspannt in meinem Sitz zurück und beobachtete die vorbeiziehenden Dörfchen und Felder. Graue Wolken hatten sich am Himmel zusammengebraut und immer wieder prasselte Regen vom Himmel. Das perfekte Wetter, um ein paar Stunden im Zug zu verbringen. Als ich am verfallenen Bahnhof von Sighisoara ankam, hatte ich gerade ein trockenes Zeitfenster erwischt und lief rasch zu meiner Unterkunft, einer schnuckeligen, kleinen Pension.


Doch sobald ich mich auf den Weg ins Stadtzentrum machen wollte, öffneten sich die Himmelsschleusen und mit jeder Minute wurde der Regen stärker. Trotzdem spazierte ich durch den Stadtkern, der von mittelalterlichen Mauern umgeben ist. Im Zentrum ragt der Stundturm mit seinen dunklen Spitzen in die Höhe. Darum herum verlaufen mehrere verwinkelte Gassen, auf denen sich bunte Häuschen aneinanderreihen. Ich empfand das Städtchen als goldige Mischung aus Brasov und Sibiu.


Nach einer Weile war ich trotz Regenjacke durchnässt und suchte Zuflucht in einem Café. Ich setzte mich ins Atelier Coffee, Flowers and Books auf der Strada Octavian Goga, die wohl hippste Straße in Sighisoara. Hier findet man stilvoll eingerichtete Bars und Cafés mit zahlreichen Stühlen vor den Gebäuden und bunten Schirmen, die über der Gasse hängen. Als der Niederschlag nachließ, ging ich noch eine weitere Runde durch die Stadt und erklomm die Schülertreppe. Hundert Stufen in einem hölzernen, überdachten Treppenaufgang. Sie führen zu einem großen, parkartig angelegten Friedhof, der leider schon abgeschlossen war, als ich dort ankam. Stattdessen begnügte ich mich mit der Aussicht.

An den umliegenden Hügeln hatten sich dichte Nebelschwaden gesammelt, die in Kombination mit dem grauen Wetter eine mystisch-gruselige Atmosphäre ergaben. Genau wie man sich Transsilvanien vorstellt. Da es wieder zu regnen begann, setzte ich mich in ein Restaurant an der Piața Hermann Oberth und bestellt ein traditionelle rumänische Bohnensuppe, die in einer Schale aus Brot serviert wird. Noch nie in meinem Leben hatte ich so viel Brot auf einmal vor mir und obwohl die Suppe wunderbar wärmend und lecker würzig war, konnte ich nicht so viel Gebäck in mich reinstopfen.


Gut gesättigt lief ich zurück zu meiner Unterkunft und plante den morgigen Trip nach Cluj-Napoca. Anschließend fiel ich früh ins Bett – eine Wohltat für meinen Körper in Anbetracht der vielen Party-Nächte in der vergangenen Woche. Dementsprechend frisch und ausgeruht fühlte ich mich am nächsten Morgen. Die Wolken hatten sich verzogen, die Sonne schien wieder und die Vögel zwitscherten laut. Mit meinem Rucksack auf dem Rücken und einem Kaffee in der Hand machte ich mich auf den Weg zum Bahnhof. Löste ein Ticket und stieg über die verfallenen, mit Geröll bedeckten Gleisen auf den Bahnsteig, wo ich wenige Minuten später in den Zug nach Cluj stieg.

Hallo Laura, Danke für die tollen Eindrücke. Mein Großvater stammt aus Sighișoara, weshalb ich mich zu diesem Ort hingezogen fühle. Zugegeben ist für viele Besuche der Ort Sighișoara sehr gewöhnungsbedürftig. Mitte im Land und doch sehr „mittelalterlich“. Ich persönlich liebe die den Ort und die Umgebung, da es doch etwas nostalgisches ausstrahlt. Es gibt tolle Wander Touren die man dort machen kann und vor allem die tolle Natur mit den zahlreichen Hutweiden finde ich traumhaft.
Liebe Grüße
Sonja
Danke für deinen Kommentar, Sonja! Das nostalgische Gefühl findet sich tatsächlich an jeder Ecke…Eine zauberhafte Stadt! Lebt dein Großvater immer noch dort?