Rumänien: Eine Taxifahrt über die schönsten Serpentinen des Landes

Eigentlich hatte ich nach den wilden Tagen in Brasov geplant, einen Abstecher nach Sighisoara zu unternehmen. Doch dann verpasste ich völlig grundlos den Zug in die rumänische Kleinstadt. Ich war überpünktlich am Bahnhof, hatte mein Ticket gekauft und wartet mit lauter Musik im Ohr am Gleis auf den Zug. Genau das wurde mir zum Verhängnis. Völlig vertieft in die Beats und mein Reisetagebuch bemerkte ich schlicht nicht, dass der Zug bereits auf dem Gleis hinter mir stand und ohne mich abfuhr. Ärgerlich, aber nicht weiter schlimm. Ich warf das Programm um und beschloss, direkt nach Sibiu zu reisen, wohin ich sowieso am Abend weiterfahren wollte.

One of the main streets of Sibiu

Medieval city walls of Sibiu

Allerdings kam die nächste Bahn erst in drei Stunden. Ich hatte also jede Menge Zeit zum Schreiben und Kaffee trinken. Die Zugfahrt dauerte auch noch einmal eine gefühlte Ewigkeit. Da die Bahn sich, wie alle Züge in Rumänien, nur sehr langsam fortbewegte, kam kaum ein frischer Luftzug durch die Fenster. Stattdessen war es ordentlich stickig und alle Fahrgäste bei der Ankunft schweißgebadet.

Walking through Sibiu

Little shop in Sibiu

Ich lief in mein neues Hostel, wo ich direkt eine Handvoll Leute aus Brasov wiedertraf, die sich dort auch einquartiert hatten. Meinen Zimmergenossen, einen Dänen, kannte ich allerdings noch nicht. Wir teilten uns zu zweit einen Raum mit sechs Betten. Er hatte am kommenden Tag eine Radtour auf dem Transfagarasan geplant, einer steilen und kurvenreichen Gebirgsstraße, die in Rumänien Kultstatus hat. Als Vorbereitung auf sein Abenteuer plante er ein gesundes, veganes Abendessen und bot an, für mich mitzukochen! Das nahm ich gerne an. Doch davor machte ich noch einen ersten Spaziergang durch Sibiu.

Main square of Sibiu with typical windows in the roofs looking like eyes

Ich lief übers Kopfsteinpflaster und bewunderte die bunten, detaillierten Fassaden. Kleine Häuschen mit Holz-Fensterläden, Schicke Bauten, von denen langsam der Putz abbröckelt und majestätische Kirchen – eine charmante Mischung, umgeben von mittelalterlichen Stadtmauern. Auf dem Hauptplatz, dem Piața Mare, machte ich eine Pause. Dabei fielen mir auch die „Augen“ in den Dächern auf, über die ich bereits vorher gelesen hatte: Schlitzartige Fenster zwischen den Dachziegeln, die tatsächlich wie Augen aussehen. Während die Einheimischen gerne davon sprechen, dass die Augen über die Stadt wachen, ist ihr eigentlicher Zweck, den Dachboden zu lüften. Anschließend war es Zeit für unser Abendessen. Mein Zimmergenosse servierte mir ein köstliches Dinner bestehend aus Krautsalat mit Erdnuss-Dressing und gerösteten Cashews und Hummus mit gebratenen Tomaten und Zwiebeln. So lecker!

Elegant facade of a house in Sibiu

Big green building with the paint coming off

Während er sich dann – vernünftigerweise – früh ins Bett verabschiedete, traf ich mich mit den anderen Reisenden auf ein paar Drinks vor dem Hostel. Zwei Mädels und ich wollten uns ebenfalls den Transfagarasan anschauen. Mit dem öffentlichen Nahverkehr kommt man dort aber unmöglich hin. Deshalb beschlossen wir, uns ein Taxi zu teilen und verabredeten uns für neun Uhr in der Frühe. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich davor nur drei Stunden schlafen würde. Doch wie so oft vergingen die Stunden schneller als gedacht. Zu viert saßen wir vor dem Hostel, bis man uns kurz vor Mitternacht wegscheute.

View of a few houses in Sibiu

Ein Einheimischer, der mit uns abhing, nahm uns dann mit in seine Lieblingsbar, das Geea Caffe, von dem auch ich sofort Fan wurde. Von Innen sah das Lokal aus, als hätte man mehrere, geräumige Wohnzimmer aneinandergereiht. Jeder Raum war ein wenig anders eingerichtet, doch allen gemeinsam waren die gemütlichen Sofas, die Teppiche auf dem Dielenboden und die kunstvolle, teilweise verrückte, Wanddekoration. Auch hier blieben wir noch einmal mehrere Stunden, tanzten dann im Gemeinschaftsraum des Hostels zu Techno-Musik und unternahmen schließlich noch einen Ausflug zu dem einzigen Kiosk der Stadt, der noch geöffnet hatte. Als mein Zimmergenosse, ausgeschlafen und fit, mich um neun Uhr sah, konnte er nicht anders, als mich auszulachen.

Geea Caffee in Sibiu

Trotzdem war ich motiviert, mit den Mädels zum Transfagarasan aufzubrechen. Wir machten uns also in der Frühe auf die Suche nach einem Taxi, das wir bereits nach wenigen Minuten gefunden hatten. Der Fahrer sprach allerdings kein Englisch. Mit Händen, Füßen und Google Maps erklärten wir ihm, dass wir zu der berühmten Straße fahren, dort ein bisschen Zeit verbringen und wieder zurück wollten. Wir verhandelten mit ihm einen Preis von umgerechnet 150 Euro, also 50 Euro für jeden von uns. Dafür hatten wir nun einen privaten Chauffeur für den Tag, der mit dem Deal sichtlich glücklich war. Er hörte gar nicht mehr auf zu Strahlen und erklärte uns während der Fahrt jede Menge Details über die Umgebung – die wir nur leider nicht verstehen konnten.

Mountain landscape on the way to the Transfagarasan

Booth selling Covrig

Nach wenigen Minuten schlief ich auf dem Rücksitz ein. Zum ersten Mal wachte ich auf, weil wir wohl schon eine Weile im Stau gestanden haben und der Fahrer zu Fluchen anfing. Zum zweiten Mal wachte ich am Fuß des Transfagarasan auf. Der Wagen war überhitzt und benötigt kühles Wasser unter der Motohaube. Währenddessen schauten wir drei uns die beeindruckende Bergkulisse an, die sich vor uns erstreckte. Riesige, mit grünen Wäldern bedeckte Felsen, zwischen denen sich die Straße nach oben schlängelte. Die Straße, auf der selbst wenig später entlangheizten. Sie führte uns mitten durch die imposante Berglandschaft. Am Ende angelangt, parkten wir das Auto und liefen wenige Meter zum Bâlea-See, einem smaragdgrün schimmernden Gewässer, das friedlich zwischen den hohen Felsen lag.

The famous Transfagarasan road

Balea lake at the end of Transfagarasan

Mit unserem Fahrer hatten wir vereinbart, uns in einer Stunde wieder am Wagen zu treffen. Wir kletterten ein Stück den Berg hinauf und bestaunten die Autobahn und den glitzernden See von oben. Es gibt ein paar Wanderwege, die an der Stelle starten, doch leider hatten wir für eine ausgedehnte Tour nicht genug Zeit. Stattdessen fanden wir unseren Chauffeur am Ufer des Sees wieder, wo er sich mit dem kühlen Wasser Gesicht, Hände und Arme benetzte und uns mit breitem Lächeln bedeutete, es ihm gleich zu tun. Die Rückfahrt startete mit einem riskanten Ausparkmanöver. Nachdem wir das beobachtet hatten, waren wir umso erleichterter, nicht selbst hinter dem Steuer sitzen zu müssen.

View of the Balea lake from the mountain

Auf dem Weg nach unten begegneten wir meinem dänischen Zimmerkollegen mit seinem Rad, dem wir laut zujubelten. Ziemlich bald schlummerte ich wieder ein. Dafür war ich bei der Ankunft in Sibiu dann wach und voller Tatendrang. Meine nächste Erkundungstour galt der Unterstadt. Hier reihen sich weniger elegante, aber nicht weniger hübsche Häuser mit bunten Fassaden aneinander. Nach einem ausgedehnten Spaziergang legte ich im Hostel erst einmal die Füße hoch.

Lesser town of Sibiu

Colorful houses in the lesser town

Am Abend trafen wir uns in großer Runde wieder vor der Unterkunft und zogen dann gemeinsam in die Bar von der vergangenen Nacht weiter – sehr zur Freude des Barkeepers! Allerdings holten mich nach einer Weile die Müdigkeit und der Schlafmangel ein und ich konnte mich kaum noch wachhalten. Deshalb ging ich schon früher zurück ins Hostel und musste feststellen, dass eine dritte Person in meinem Zimmer einquartiert worden war. Das löste großes Entsetzen bei meinem Kumpel und mir aus. Denn der Raum hatte weder Klimaanlage noch Ventilator und war bereits mit zwei schlafenden Menschen sehr stickig. Doch als wir dann ins Bett gingen, fielen wir in solch einen tiefen Schlaf, dass wir davon kaum etwas bemerkten.

Myself in a mirror

Laura

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Zurück nach oben