Der Regen trommelte in einem wilden Rhythmus auf die Erde, Blitze erleuchteten unser Zimmer, danach folgte ein mächtiges Donnergrollen. Der tropische Sturm hielt mich nahezu die ganze Nacht wach. Erst als unser Wecker um fünf Uhr morgens klingelte, zog sich das Gewitter zurück. Der Regen blieb jedoch. In wasserdichte Jacken gepackt trafen wir uns wenig später mit den übrigen Mädels und Lehrerinnen unserer Yogalehrerausbildung. Eine der zwei Wochen hatten wir bereits geschafft. Unsere Muskeln waren inzwischen allesamt erschöpft und benötigten dringend eine Pause – Zeit für einen Ausflug.

Wir quetschten uns in zwei winzige Busse und düsten über holprige Schotterpisten. Die Schlaglöcher schüttelten uns ordentlich durch auf unseren verschlissenen Sitzen. Erst kamen wir an kleinen Dörfchen, bestehend aus verfallenen Hütten, vorbei. Dann waren wir plötzlich mitten in der Natur und kamen schließlich an einem Flussufer zum Halten. Den letzten Teil des Weges mussten wir mit Motorbooten zurücklegen. Am Ufer ragten riesige Bäume und dichte Graslandschaft in die Höhe. Trotz des grauen Regenwetters schienen die Grüntöne zu leuchten. An einer Lichtung, auf der mehrere, offene Holzhütten standen, legten unsere Boote an. Wir hatten unser Ziel erreicht: Das Naturreservat Tingana.


Dort konnten wir erst einmal unsere inzwischen klatschnassen Kleidungsstücke aufhängen. Wenig später servierten uns die Einheimischen ein wunderbar herzhaftes Frühstück. Typisch peruanisch gab es Kochbananen, Salat und Emapandas aus Yuca, einem südamerikanischen Wurzelgemüse. Immer wieder rannten unsere Gastgeber mit überdimensional großen Kannen um unsere Tische, um uns wärmenden Kaffee oder Tee nachzuschenken. Wenig später ging es erneut aufs Wasser, dieses Mal in Kanus. Unsere Guides ruderten uns wieder über den Fluss, noch weiter hinein in die Amazonas-Feuchtgebiete.


Die Vegetation um uns herum verdichtete sich. Mangroven, Wasserpflanzen und üppiges Gestrüpp am Ufer verbanden sich zu einem schützenden Dach über uns. Nur noch vereinzelte Regentropfen prasselten auf die Wasseroberfläche. Ein kaum wahrnehmbarer Klang. Die Geräusche des Dschungels waren umso lauter. Wir sahen bunte, zwitschernde Vögel und Affen, die durch die umliegenden Bäume turnten. Still und leise beobachteten wir die Natur um uns herum. Nach einer Weile stoppten wir an einem Baumhaus, auf das wir raufkletterten. So konnten wir die Natur auch von oben bestaunen.

Auf dem Rückweg wartete noch ein echtes Highlight auf uns: Eine Dschungel-Schaukel, aus Ästen und Lianen zusammengezimmert. Einer unserer Führer bestieg mit der Schaukel in der Hand einen weiteren Baum und schwang sich wie ein Zirkusartist über den Fluss. Nach der Demonstration konnten wir uns selbst auf das Gestell setzten, uns vom Baum stoßen lassen und ebenfalls übers Wasser schwingen. Dabei fiel auch der ein oder andere Tarzan-Schrei. Erneut kamen wir durchnässt und durchgefroren wieder auf der Lichtung an. Eine feurige Yoga-Einheit wärmte uns aber alle wieder auf. Belohnt wurden wir mit einem weiteren, köstlichen Essen.


Unser letzter Programmpunkt war eine Meditationsübung. Wir sollten eine Weile durch die Natur spazieren und ein Objekt mitbringen, das uns besonders angesprochen hat. Glücklicherweise hatte der Regen inzwischen aufgehört, sodass wir unseren Gang über die Lichtung voll und ganz genießen konnten. Nachdem wir uns in Gruppen über unsere Beobachtungen ausgetauscht hatten, traten wir den Rückweg an. Auf der Fahrt mit den Motobooten zeigte sich endlich die Sonne und wärmte uns noch einmal ordentlich auf. Während der Busfahrt ließ ich meinen Kopf aus dem Fenster hängen, mir die milde Brise durchs Haar wehen und strahlte mir der Abendsonne um die Wette.
