Grüne Mondkrater und tosende Wasserfälle auf der Isle of Skye

Ein einziger Stuhl mit durchgebrochener Sitzfläche stand am Ufer von Loch Ness. Als wäre das Möbelstück unter dem Gewicht des ewigen Wartens zusammengebrochen. Ein Warten so unendlich wie der See selbst. Ein dichter Nebelschleier hatte sich direkt über dem Gewässer gebildet. Nieselregentropfen zogen ihre Kreise auf der silbergrauen Wasseroberfläche. An dem berühmten, schottischen See warteten wir auf unseren zweiten Bus. Wir waren auf dem Weg zur Isle of Syke und bereits früh am Morgen aufgebrochen. Durch das schlafende, dunkelblaue Fort William hatten wir uns zur Bushaltestelle bewegt. Das einzige Anzeichen von Leben war der LKW gewesen, der vor dem Tesco parkte und Lebensmittel anlieferte. Um von der Kleinstadt auf die Isle of Skye zu gelangen, mussten wir in zwei Busse steigen. Nach dem kurzen Aufenthalt am Loch Ness ging es weiter.

Einsamer Stuhl steht am Loch Ness

Blick auf Loch Ness

Wenig später stiegen wir in den nächsten Bus, der uns auf die Insel bringen sollte. Je näher wir dem Eiland kamen, desto mehr Wasser hatte ich in meinem Blickfeld. Bis plötzlich das Meer und die Skye Bridge, die die Insel mit dem Festland verbindet, vor uns auftauchten. Mein Herz hüpfte vor Freude – auf diesen Teil der Reise hatte ich mich besonders gefreut. Wieder einmal konnte ich meinen Blick kaum von der weiten, hügeligen Landschaft abwenden. Schroffe Erhebungen und endlose Wiesen – eine Bild, das an Mondkrater erinnert. Grüne Mondkrater.

Landschaft auf der Isle of Syke

Schafe klettern auf einen Felsen auf der Isle of Syke

Einsames Haus auf der Isle of Syke

Wir kamen in Portree, der Hauptstadt von Skye, an. In den wenigen Gassen, aus denen das Dorf besteht, pulsierte das Leben. Die Sonne brannte an diesem Tag vom Himmel, sodass die Menschen in Schlangen vor den Eiscafés standen, Bier und Aperol im Freien tranken oder am Hafen Pommes verspeisten. An der kurzen Promenade reihte sich eine Handvoll bunter Hauser, eines leuchtender als das andere. Knalliges Pink, Himmelblau, Zitronengelb und Grasgrün. Jedes mit seiner eigenen Geschichte und seinen eigenen Geheimnissen. Den Rundgang durch Portee hoben wir uns aber für den Schluss auf. Wir huschten sofort in den nächsten Bus, der das Trotterish Loop abfährt. Eine Straße, die sich wie eine Schlaufe durch den Nordosten von Skye zieht und an allen bekannten Sehenswürdigkeiten hält. Man kann also im Bus sitzen bleiben und die vielen eindrucksvollen Felsformationen im Vorbeifahren anschauen, oder man steigt an einem Ort seiner Wahl aus. Dann sitzt man allerdings eine Weile dort fest, weil die Busse leider nur alle drei Stunden verkehren und die Distanzen zwischen den einzelnen Sehenswürdigkeiten zu weit sind, um sie zu Fuß zurückzulegen.

Bunte Häuser am Hafen von Portree

Häuser in einem Berg in Portree auf der Isle of Syke

Belebte Straße in Portree

Als wir das Ticket lösten, fragte der Busfahrer uns, wo wir aussteigen wollten. Wir entschieden uns für die Mealtfalls, einen rauschenden Wasserfall, der sich über grün bewachsene Felsen in die Tiefe stürzt. Kaum hatten sich die Türen hinter uns geschlossen, trat der Schotte auf das Gaspedal und raste durch die wunderschöne, dramatische Landschaft. Der Ozean auf der einen, die gigantischen Felsformationen auf der anderen Seite. Wie angekündigt, ließ der Fahrer uns an den Klippen raus, wo wir kurz verweilten. Dem tosenden Wasserfall lauschten und uns den leichten Wind durch die Haare streichen ließen. Dann erkundeten wir die Wohnsiedlung auf der gegenüberliegenden Seite, bestehend aus wenigen Cottages, vor denen Hunde dösten. Außer ein paar Autos, die über die Hauptstraße fuhren, war es vollkommen still. Eine erholsame Ruhe.

Steilküste auf der Isle of Syke

Kilt Rock Wasserfall auf der Isle of Syke

Leider reichte die Zeit bloß für den Wasserfall. Mit dem nächsten Bus mussten wir schon wieder nach Portree zurückkehren, um von dort wiederum nach Broadford, einem Ort im Süden der Insel, wo unser Hostel war, zu gelangen. In Portee hatten wir allerdings noch so viel Zeit, dass wir entspannt Kaffee trinken und in Buchläden stöbern konnten. Während wir auf den letzten Bus des Tages warteten, beobachteten wir die einheimischen Schulkinder in ihren Uniformen, die entweder fangen spielten oder sich aufgeregt über die Ereignisse des Tages unterhielten. Sie alle waren blass, hatten rotes oder blondes Haar und unzählige Sommersprossen. Ich stellte mir vor, dass jede Einzelne ein Tropfen Meerwasser wäre, das sich in einer gigantischen Welle an den Klippen gebrochen hätte, um ihnen sanft ins Gesicht zu spritzen.

Unendliche Weite auf der Isle of Syke

Laura

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