Unsere nächste Fahrt führte uns einmal quer über die Halbinsel. Dichte, graue Wolken bedeckten den Himmel und in regelmäßig Abständen prasselten gewaltige Schauer auf die Erde. Auf halbem Wege waren wir wieder in der Stadt angelangt, nach der Halbinsel benannt ist: Samaná. Dort mussten wir uns erst einmal wieder durch den hektischen Verkehr fädeln. Busse, Autos und Motorräder, die sich alle aneinander vorbeizuquetschen versuchten. Nachdem wir unversehrt angekommen waren, beschlossen wir, uns die ikonische „Bridge to Nowhere“ aus der Nähe anzuschauen. Die weißen Betonelemente verbinden mehrere Inseln. Winzige, zerklüftete Felsformationen, die aus dem Wasser ragen. Bei dem grauen Wetter war keine Menschenseele dort unterwegs, die Stimmung fast schon ein wenig gruselig.

Nach dem Spaziergang meldete sich der Hunger. Wir setzten unseren Weg fort und fragen an mehreren Imbissbuden nach Yuca oder Kochbananen, bekamen jedoch nur Fisch und Huhn angeboten. Plötzlich kamen wir an einem Haus vorbei, vor dem sich eine Großfamilie zum Essen auf der Veranda versammelt hatte. Mein Freund Juan, als Latino sehr vertraut mit der Kultur, trat kurzerhand auf die Bremse und machte kehrt. Er sprang aus dem Auto und fragte die Mutter des Hauses, ob sie uns gegen Bezahlung auch einen Teller zubereiten würden. Kein Problem! Sofort machten die Kinder Platz für uns und in zwei Schaukelstühlen warteten wir also auf unsere Mahlzeit. Währenddessen unterhielten wir uns mit der Familie, die uns sofort herzlich willkommen hieß.

Wenig später standen ein großer Topf Reis mit Bohnen, eine Schüssel Salat und ein Teller Tostones, plattgedrückte und knusprig frittierte Kochbananen, vor uns – es schmeckte großartig! Währenddessen erzählten wir den Köchinnen, weshalb ich in der Dominikanischen Republik festsaß und dass wir gerade ganz ungeplant dieses tolle Land erkunden. Pünktlich zum nächsten Schauer kamen wir an unserem Ziel, dem Dörfchen Las Galeras, an. Der Gastgeber unserer Unterkunft erwartet uns bereits mit einem breiten Grinsen und zwei Regenschirmen. Auf seinem hügeligen Grundstück verteilten sich mehrere, bunte Holzhäuschen.

Uns war eine gelbe Hütte mit einer kleinen Küche und einer geräumigen Veranda mit Hängematte zugeteilt worden. Da sie auf einer kleinen Anhöhe lag, hatten wir von dort aus einen fantastischen Blick auf die umliegenden, tropischen Wälder und konnten hinter den dichten Wolken sogar den Ozean erahnen. Während Juan sich ans Kochen machte, setzte ich mich in die Hängematte und lauschte dem trommelnden Rhythmus des Regens. Als der Niederschlag eine Pause einlegte, sprangen wir ins Auto, um Las Galeras zu erkunden. Der Ort war um einiges kleiner, ruhiger und weniger glamourös als Las Terrenas. Auf der Straße waren fast ausschließlich Einheimische unterwegs, die Plastiktüten mit Lebensmitteln nach Hause trugen oder auf ihren Motorrädern an uns vorbeirasten.


Kleine Hütten, Kioske und ein paar Restaurants prägten das Ortsbild. Wir gingen eine Runde am Strand spazieren, machten aber wenig später kehrt, da der Regen zurückgekehrt war. Am späten Abend wagten wir uns nochmal kurz ins Dorf, um Abendessen zu holen und verbrachten noch ein bisschen Zeit auf unserer Terrasse. In der Nacht entwickelte sich der Schauer zu einem regelrechten Unwetter. Der Wind pfiff lautstark um unsere Hütte und peitschte die Regentropfen auf unser Dach, sodass ich ein paar Mal aus dem Schlaf gerissen wurde. Auch am nächsten Tag blieb das Wetter nass und grau. Ratlos frühstückten wir erst einmal eine Papaya.

Eigentlich hatten wir einen Tag am Strand geplant, der Playa Rincón, die als einer der schönsten Strände der Welt gilt. Bei dem Regen natürlich unmöglich, trotzdem wollten wir uns den Strand anschauen. Sobald der Himmel etwas aufklarte, sprangen wir also ins Auto und legten die 30 Minuten zur Playa Rincón zurück. Der Weg führte uns durch einen dünn besiedelten Ort, doch anschließend fanden wir uns mitten in der Natur wieder. Außer ein paar Ständen und Buden am Straßenrand war die Umgebung vollkommen unberührt. Wir fuhren entlang saftig grüner Hügel und zuletzt durch einen kleinen Wald voll Kokospalmen.

Dann hatten wir das Ziel erreicht: Ein wunderschöner, einsamer Sandstrand mit türkisem und pastell-blauem Wasser, flankiert von hohen Bergen. Wir waren schwer beeindruckt, blieben aufgrund des Regens aber nicht sonderlich lange. Als wir wieder aufbrechen wollten, hielt uns plötzlich ein junger Polizist an, der den Strand bewachte uns außer uns die einzige Person am dort war. In einer offiziellen Uniform gekleidet und mit einem riesigen Gewehr bewaffnet, kam er auf uns zu und flößte mir erst einmal ein wenig Angst ein. Noch größer wurde meine Furcht, als er fragte, ob wir ihn ein Stück mitnehmen könnten und er daraufhin mit seiner gewaltigen Waffe auf den Rücksitz kletterte. Doch die Panik war völlig unbegründet. Der 21-Jährige wollte tatsächlich einfach nur eine Mitfahrgelegenheit und plauderte ganz herzlich mit uns.

Auf dem Rückweg hielten wir an einem großen, bunten Obststand an, der uns schon bei der Anreise aufgefallen war. Wir kamen mit dem Inhaber Maradonna ins Gespräch, der uns Einblicke in sein Leben und seine Kultur gewährte. Eine Begegnung, die uns noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Mit knurrenden Mägen machten wir uns auf die Suche nach unserem nächsten Mahl. Wir hielten an einem Comedor (zu deutsch „Esszimmer“) an, einem winzigen, typisch dominikanischen Restaurant. Eine Familie stand zusammen hinter dem Herd und außer uns verbrachten noch ein paar andere Einheimische ihre Mittagspause dort. Plastikstühle und Tische mit bunten Tischdecken standen vor dem Laden.

Die Eigentümerin Margo, eine Bekannte von Maradonna, wie sich herausstellte, war sehr lieb und kochte uns mit Freude einen Topf voller Reis und Bohnen. Wärend der Regen erneut vom Himmel strömte, genossen wir unser Essen und unterhielten uns eine ganze Weile mit Margo und ihrem Mann. Am Ende boten sie uns sogar an, dass wir jederzeit bei ihnen unterkommen könnten, wenn wir mal wieder in der Gegend sind. Hellauf begeistert von unseren unerwarteten Abenteuern fuhren wir erst einmal planlos weiter und endete schließlich in Nagua, einem kleinen, ärmlichen Ort.

In der Bar eines Hotels bestellten wir uns notgedrungen zwei Cocktails, um uns dort ins Internet einzuloggen und unsere nächste Unterkunft buchen zu können. Wir fanden eine kleine Wohnung, die laut Navigation auch nur zwei Minuten entfernt sein sollte. Allerdings konnten wir die angegebene Adresse nicht finden. Wir fuhren immer wieder im Kreis, an verfallenen Häusern, verlassenen Läden und Tankstellen vorbei. Einzig in einem Kiosk herrschte Leben: In der kleinen Bude hatten zwei Dominikaner das Radio aufgedreht, zwei Flaschen Rum auf den Tisch gestellt und tanzten wild mit dem Inhaber. Die gute Laune steckte an! Aus dem Auto sang ich die Lieder mit, die wir alle von der Osterfeier in Las Terrenas kannten. Das beeindruckte wiederum die drei Einheimischen, die uns zu ihnen winkten.

Schlussendlich konnten sie uns sogar helfen, unsere Unterkunft zu finden! Dann gingen wir eine Runde durch Nagua. Auf der Hauptstraße war tatsächlich einiges los. Einheimische hatten sich zu Feierabend-Drinks in den Bars getroffen, Motorräder, auf denen ganze Familien zusammen saßen, rasten vorbei. Wir nahmen uns an einem Imbiss noch Reis, Bohnen, Yuca und frische Säfte mit. Da wir das Geschehen auf der Straße nicht verpassen wollten, aßen wir in unserem Kofferraum zu Abend.