Kroatien: Hundewelpen in einer Plastiktüte – zum Sterben zurückgelassen

Am späten Abend kamen wir mit der Fähre aus Dugi Otok wieder auf dem Festland, in Zadar an. In unserem Mietwagen legten wir die kurze Strecke nach Split, der zweitgrößten Stadt Kroatiens, zurück. Dort erwartete uns ein ungewöhnlicher Empfang. Nachdem unsere Airbnb-Gastgeberin uns die Unterkunft gezeigt hatte, verlangte sie nämlich, dass mein Partner Juan sie in unserem Auto nach Hause fuhr. Sehr lustig! Den Gefallen taten wir ihr und gingen anschließend direkt schlafen.

View of Split

Am nächsten Tag waren wir früh auf den Beinen und erkundeten die Altstadt. Vom wolkenlosen Himmel strahle die Sonne und ließ die weiß gepflasterten Straßen leuchten. Noch waren kaum Menschen unterwegs und die Läden noch geschlossen. Wir liefen die engen Gassen mit ihren steinernen Gebäuden ab, die Berge stets im Blick. Nach einer Weile machten wir kehrt und gingen aufs Wasser zu, schlenderten über die palmengesäumte Uferpromenade.  

Promenade of Split

An deren Ende kamen wir zu einem der beeindruckendsten Bauwerk des ganzen Landes: Der Diokletianpalast. Eine gewaltige, antike Festung, die während der römischen Herrschaft erbaut wurde. Mitten in der Stadt ragen die Ruinen in die Höhe: Massive Steinmauern und riesige Torbögen, getragen von verschnörkelten Säulen. Noch heute umfasst der Komplex rund 200 Gebäude, unter anderem die Kathedrale von Split und den Jupiter-Tempel.

Diocletian palace of Split

Innerhalb der Mauern befinden sich zahlreiche Geschäfte, Restaurants, Bar – und ein riesiger Wochenmarkt, der uns mindestens genauso begeisterte wie das Bauwerk! Ob bergeweise getrocknete Feigen, knallrote Tomaten, süße Weintrauben, knackig grüne Salat, kandierte Orangenschalen oder eingelegte Oliven – auf dem großflächigen Areal boten Farmer allerlei Köstlichkeiten an. Wir deckten uns ordentlich ein und frühstückten erst einmal in einem Park außerhalb der Palastmauern.

Ruins of the Diocletian palace of Split

Dried figs on the farmers market

Am Nachmittag verließen wir die hübsche Stadt schon wieder, um auf die Insel Hvar überzusetzen. Die Überfahrt mit der Fähre verbrachten wir auf dem Deck, wo uns die Sonne ins Gesicht schien und der Wind durch unsere Haare fegte. Wir konnte uns kaum sattsehen an der Umgebung: Türkisblaues Wasser soweit das Auge reichte, vor uns grüne Inseln und hinter uns das Gebirge und die Stadt, die mit jeder Minute kleiner wurde. Außer uns befanden sich hauptsächlich Einheimische auf der Fähre, die offensichtlich auf dem Heimweg von der Arbeit oder von Einkaufstouren waren.

View of mountains and islands on the ferry ride to Hvar

Unser Schiff legte in der Stadt Stari Grad an. Auf dem kurzen Weg zu unserer Unterkunft konnten wir einen Blick auf die weitläufige Weinberg-Landschaft werfen und freuten darauf, am nächsten Tag die Natur zu erkunden. Dieses Mal wurden wir sehr warmherzig begrüßt und verliebten uns sofort in das Aibnb, eine schnucklige Wohnung mit Terrasse und Gemüsegarten. Wir unternahmen direkt eine Tour durch Stari Grad. Wir Bewunderten die steinernen Häuschen mit ihren farbigen Fensterläden und gingen auch hier die Promenade am Hafen entlang.

In der untergehenden Sonne gönnte ich mir noch ein kurzes Bad im Meer. Kurz darauf hatten die Restaurants und Bars auf der Promenade ihre Türen geöffnet und zahlreiche Menschen saßen dort zusammen. Urlauber, die entspannt Cocktails schlürften und Einheimische, die ihren Feierabend zelebrierten. In der Nähe liegt auch die Tvrdalj Festung, ein schickes, kleines Schloss aus der Zeit der Renaissance. Auf dem Rückweg ergriff uns beide das Gefühl von Freiheit. Glückselig – und vielleicht ein wenig angetrunken – tanzten wir durch die Gassen zurück zu unserer Unterkunft.

Sunset on Hvar

Den nächsten Tag starteten wir traditionell mit einem ausgiebigen Frühstück, wofür wir süße Tomaten und Basilikum aus dem Garten unserer Unterkunft pflückten. Eigentlich hatten wir geplant, möglichst viele Ecken der Insel zu erkunden und wollten mit einer Wanderung zum höchsten Berg von Hvar, Sveti Nikola, starten. Schon der Weg dorthin erwies sich als Herausforderung: Eine hügelige Schotterpiste entlang eines steilen Abhangs. Da uns das Ganze zu heikel wurde, stellten wir den Wagen nach einer Weile ab und gingen zu Fuß weiter. Der Gipfel war in sehr weiter Ferne und am Himmel schien sich ein Unwetter zusammenzubrauen. Deshalb kehrten wir nach einer halben Stunde schon um, hatten aber immerhin eine tolle Aussicht über die Insel genossen.

View of the landscape of Hvar

Auf dem Rückweg hörte Juan plötzlich ein Fiepen am Wegrand. Das Geräusch schien aus einer tiefen Felsspalte zu kommen. Als wir einen Blick dort hineinwarfen, sahen wir leere Konservendosen, Mülltüten, halbverrottete Kadaver – und eine Plastiktüte, die sich bewegte! Kurz darauf reckten zwei Hundewelpen ihre Köpfe aus der Tüte hervor. Uns drehte sich der Magen um und sofort war uns klar, dass jemand die Tiere erst vor wenigen Minuten dort zu entsorgen versucht hatte. Fiberhaft suchten wir nach einer Möglichkeit, die Hunde aus der Gruft zu befreien. Der Spalt war zu tief, als dass einer von uns dort hätte reinsteigen können. Schließlich suchten Juan zwei lange Äste und band sie mit unseren Schnürsenkeln zusammen, sodass er eine Art Angel erhielt. Erste nach jeder Menge mühsamen Versuchen, ständigem Scheitern und unter vielen Tränen gelangt es ihm, die Tüte zu fassen und aus der Höhle zu ziehen. So schnell wir konnten brachten wir die Welpen zu unserem Auto und begaben uns so schnell wie nur irgend möglich auf den Rückweg.

Hiking on a mountain in Hvar

Wir hielten am ersten Ort, an dem wir Menschen vorfanden, vor einer Bar in einem Kaff namens Dol, an und baten um Hilfe. Nachdem eine Einheimische sofort für uns zum Telefon gegriffen hatte, stellte sich heraus, dass der einzige Tierarzt der Insel aktuell in Corona-Quarantäne ist. Da er noch dazu Sonntag war, gab es auch keine Fähre mehr zum Festland. Uns blieb nichts anderes übrig, als die fünf Hunde erst einmal mit zu unserer Unterkunft zu nehmen. Unsere Gastgeberin war genauso bestürzt wie wir und versorgt uns mit einem Karton und warmen Decken. Offensichtlich handelte es sich bei den Welpen um Neugeborene.

Juan feeding a puppy

Während Juan versuchte, die Hunde mit Milch zu füttern, kontaktierte ich Tieraktivisten -und Heime auf dem Festland. Nach einer Weile hatten wir Kontakt zu einem Tierheim in Split. Wir vereinbarten, am nächsten Tag mit der ersten Fähre um sechs Uhr morgens in die Stadt zurückzukommen, damit die Hunde dort versorgt werden konnten. Währenddessen versuchten wir, die Welpen warm zu halten und regelmäßig zu füttern. Juan blieb sogar die ganze Nacht auf. Trotzdem verstarben bereits zwei Hunde.

Puppies in a cardboard box

Am Morgen, einem grauen und stürmischen Tag, der genau zu unserer Stimmung passte, kamen wir problemlos in Split an. Pünktlich standen wir vor dem Tierheim. Der Inhaber kam nicht nur zu spät, sondern ließ sich auch unendlich viel Zeit mit allem. Statt dass er sich sofort um die Neugeborenen kümmerte, mussten wir zuerst Papiere ausfüllen und ein Video für den Bürgermeister von Stari Grad aufnehmen. Beides brachte uns fast zur Weißglut. Nahmen wir doch an, dass wir sie in die bestmögliche Obhut gegeben hätten. Als wir wieder im Auto waren und Richtung Dubrovnik aufbrachten, mussten wir erst einmal eine Weile schweigen. Jeder versuchte auf seine Weise, mit dem furchtbaren Erlebnis umzugehen. Momente und Stunden, die wir niemals vergessen werden. Am folgenden Tag erhielten wir die Mitteilung, dass auch die anderen drei Welpen verstorben sind. Nichtsdestotrotz wussten wir, dass wir unser Bestes gegeben hatten. Uns ist klar, dass solche Vorfälle häufig passieren und nicht nur in Kroatien gängige Praxis sind. Das Ganze jedoch hautnah mitzuerleben, hat und beide geschockt. Die darauffolgende Nacht fielen wir beiden in einen tiefen und traumlosen Schlaf.

Laura

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