Iskenderun: Von verlassenen Grusel-Orten und einer lebhaften Hafepromenade

Es ist noch tiefdunkle Nacht, als das Gewitter über uns hereinbricht. Blitze erleuchten unser Zimmer, der Regen trommelt draußen auf ein Blechdach. Wohlig kuschele ich mich ein bisschen tiefer ins Bettlaken.

Verlassenes Haus im Canyon National Park in Iskenderun

Auf dem Weg zum „Canyon National Park“ geht es – wie immer – eine steile Straße nach oben. Und wie immer fehlt eine Beschilderung. Dort angekommen wird uns klar, warum. Was wir uns als Naturphänomen vorgestellt hatten, ähnelte eher einem gruseligen Lost Place. Im Mittelpunkt des Areals steht ein verlassenes Gebäude mit eingeschlagenen Fensterscheiben, getragen von ein paar dünnen Säulen. Daneben ein lieblos gestalteter Kinderspielplatz, die bunten Farben der Spielgeräte von Wind und Wetter verblasst. Hinter dem leeren Haus eröffnet sich immerhin der Blick auf den „Canyon“, eine gigantische Felsschlucht, das Highlight des Parkes. Auf dem Rückweg zum Auto bleiben wir kurz stehen und genießen den Blick auf die Hafenstadt Iskenderun. Die vielen Container, die gelb-schwarz gestreiften Hafenkräne und die Schiffe auf dem Meer, die genau dorthin steuern.

Felsschlucht in Iskendeun

Blick auf den Container-Hafen in Iskendrun

Der Blick auf die Frachter begleitet uns, während wir die Hafenpromenade entlang flanieren. Ein breiter, asphaltierter Spazierweg. Wir kommen an einer Kirmes, mehreren Verkaufsständen, einem Café und einigen Kunstwerken vorbei. An einer Stelle ist es ein riesiges Denkmal für Atatürk, den Gründer der türkischen Republik. An anderen Stellen sind es rote Herzen, die sich aus dem Boden erheben. In der Ferne erscheint ein majestätisches weißes Gebäude, mit einer anthrazitfarbenen Kuppel und zwei spitz zulaufenden Türmen. Die Nihal-Atakas-Moschee, eines der wenigen Gotteshäuser, das nach einer Frau benannt ist. Wir bewundern diesen kleinen Tempel von außen. Das golden umrahmte Eingangsportal, die hohen Fenster. Die paar Besucher, die andächtig auf den Bänken im Vorhof sitzen.

Hafenpromenade von Iskenderun

Hafenkräne und ein Riesenrad am Wasser

Ich kassiere abschätzige Blicke und den ein oder anderen abwertenden Spruch wegen meiner kurzen Hosen, als wir durch die Innenstadt laufen. Ein wenig beeindruckender Stadtteil mit der üblichen Mischung aus Geschäften, Restaurants, Friseursalons und Wohnungen obendrüber. Ich nehme den Unmut der Einheimischen kaum wahr, verstehe ich doch kaum ein Wort Türkisch außer „Tessekülar“ („Danke“). Er versteht aber die verächtlichen Bemerkungen und schlägt vor, den Blicken und Worten auszuweichen.

Wohnhäuser in Iskenderun

Wir landen in einem klimatisierten Einkaufszentrum. Pause bei Starbucks, umgeben von vielen jungen Türken. Männer, die die ihre langen Haare im Dutt tragen und Frauen, die um einiges kürzere Hosen tragen als ich. Hier würdigt mich keiner eines Blicks. Eine ganz andere Kultur, nur wenige Gehminuten weiter. Nach dem Eiskaffee stöbern wir in einem Buchladen, wo es unter anderem Werke berüchtigter Nationalsozialisten auf Türkisch im Angebot gibt. Mit leeren Händen fahren wir zurück nach Hause.

Meine Wenigkeit in einem Restaurant

Abendessen in einem Lokal direkt neben unserem Hotel. Ein familiengeführtes Restaurant, in dessen Garten Granatapfelbäume wachsen. Der Inhaber, ein aufmerksamer Mann mit hinkendem Gang, serviert uns bergeweise Meze. Er bringt uns immer wieder Brot an den Tisch und als wir eigentlich schon satt sind, tischt uns sein etwa zehnjähriger Sohn noch ein Teller gegrilltes Gemüse auf. Die Rechnung für unser göttliches Mahl inklusive Getränke beläuft sich auf gerade einmal sechs Euro. Wir geben ihnen ein ordentliches Trinkgeld und schleppen uns in Zeitlupen-Tempo nach Hause.

Laura

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