Donnerstag
Vor uns hasten Männer in Anzügen über die Straße. Am Horizont erheben sich Wolkenkratzer Richtung Himmel. Hohe, moderne Glasbauten, zwischen denen immer wieder die Türme vereinzelte Moscheen hervorlugen. Wir sind im Geschäftsviertel Levent. Ein Bekannter hatte uns empfohlen, die Aussichtsplattform einer Shopping-Mall, dem „Sapphire of Istanbul“ zu besuchen. Das Einkaufszentrum lässt mich ratlos zurück. Eröffnet schon vor rund zehn Jahren gibt es noch immer sehr wenige Läden dort, die sich über die vielen Stockwerke verteilen. Mal eine Drogerie, mal ein Klamotten-Geschäft, mal ein Café. Eines davon hat einen Balkon, auf dem wir mit einem Cold Brew in der Hand Platz nehmen. Unter uns der chaotische Verkehr der Metropole. Zwei junge Männer auf einem Motorrad, die in Schlangenlinien ihre Runden drehen. Busse, die immer wieder Menschen direkt vor der Mall ausspucken. Neben uns ein älteres Paar, das Selfies mit den Wolkenkratzern im Hintergrund aufnimmt. Die Aussichtsplattform sparen wir uns. Beim Blick auf die Preise merken wir nämlich schnell, dass wir mit dem Geld für den Eintritt Essen für mindestens zwei Tage bezahlen können.


Der Hund, der plötzlich aus dem Gebüsch auftaucht, erschreckt mich. Die Straßenhunde sind hier alle so groß, dass wir sie liebevoll „Ponys“ nennen. Obwohl die Tiere friedlich sind, läuft mir manchmal dennoch ein Angst-Schauer über den Rücken. Außer uns sind kaum Menschen im Atatürk Kent Ormanı-Park. Bis wir die Natur-Oase gefunden haben, sind mehrere Stunden vergangen, in denen wir verzweifelt nach einem Park gesucht hatten. Die erste Grünfläche, die Maps uns gezeigt hatte, erwies sich als abgesperrtes Gelände. Die Zweite als Friedhof. Jetzt sind wir also hier, unter dem kühlenden Schatten der Nadelbäume.


Endlich haben wir es gefunden! Bazlama, ein rundes, fluffiges Brot, das wir erstmals am Sonntag beim Frühstück gegessen hatten. Danach hatten wir verzweifelt nach dem Brot Ausschau gehalten. Doch wir waren in keinem Supermarkt und keiner Bäckerei – manche kannten Bazlama nicht einmal – fündig geworden. Schlussendlich ist es ein kleiner Kioks, der das Gebäck im Sortiment hat. Der Mann hinter der Theke macht eigentlich Sandwiches daraus, doch für uns macht er eine Ausnahme und verkauft uns das Brot ohne Belag. Wir gehen kurz über die Straße, zu „Vegan Istanbul“, wo wir inzwischen zum vierten Mal zu Besuch sind. Dieses Mal wollen wir aber nur Hummus. Zuhause dippen wir das fluffige Gebäck in die cremige Paste – es sind am Ende doch immer die einfachen Dinge…

Freitag
Mein Bauch schmerzt. Am letzten Tag in Istanbul gönnen wir uns nochmal ein gigantisches Frühstück. Die Auswahl, die der Kellner vor uns stellt, erschlägt mich schon beim Anblick. Doch alles schmeckt so lecker, dass wir wie ferngesteuert immer weiter essen und noch mehr Brot bestellen. Danach können wir uns kaum noch bewegen, doch zwingen uns zu einem Ausflug an einen unserer Lieblingsorte.


Wieder stehen wir auf der Galata-Brücke. Der Fischgeruch steigt uns von allen Seiten in die Nase. Wir setzen uns auf der gegenüberliegenden Seite, im Viertel Eminönü direkt an Wasser. Hinter uns preisen Einheimische Bootstouren an. „Bospo-Bospo-Bosporus“, schallt es immer wieder. Ein kleiner Junge kommt vorbei und will uns Wasserflaschen verkaufen. Davon haben wir, bei über 30 Grad, jedoch genug im Gepäck. Lange halten wir es in der Hitze nicht aus.


Flucht in ein Café. Entlang des ägyptischen Bazars und geschäftiger Gassen, in denen Autos und Fußgänger um die Vorherrschaft kämpfen. Wir biegen ab, ein paar Stufen nach oben – und schon lümmeln wir mit einem perfekten Blick auf die Galata-Brücke auf türkisfarbenen Sofas. Ich bestelle einen Saft, das Einzige, das ich mit dem vollen Magen zu mir nehmen kann.

Flucht in unserer Unterkunft. Zeit für ein ausgedehntes Nickerchen. Vielleicht sogar bis zum Abendessen. Wir speisen in einem weiteren, veganen Laden. Doch unseren Tisch können wir erst einmal nicht besetzten, weil zwei Katzen auf den Stühlen schlafen. Eine wacht auf und springt sogleich von dem Stuhl, um in einen angrenzenden Bio-Supermarkt zu laufen. Die andere schlummert tiefenfest. Die Bedienung lächelt wissen und bringt uns einen dritten Stuhl. Dinner mit Katze am letzten Abend in Istanbul.